KÖNNEN PLATTFORMEN WIE TRANSVENDO AUSFÄLLE CROWDFINANZIERTER UNTERNEHMEN UND PROJEKTE VERHINDERN?
In den letzten Wochen wurden einige Fälle bekannt, wonach Unternehmen, die sich bei etablierten Plattformen über Crowdinvesting vor einigen Jahren finanziert hatten, als Komplettausfall gemeldet wurden. Hierbei handelt es sich vor allem um junge Unternehmen (Startups), wie u.a. Protonet, die sich über eine Crowdfinanzierung weiterentwickeln wollten. Können Plattformen wie Transvendo Ausfälle wie diese verhindern? – Sven Kirchberg, Geschäftsführer der transvendo GmbH steht Rede und Antwort.
Kirchberg: Man kann die Frage recht einfach vorab beantworten – NEIN, Plattformen können solche Ausfälle nicht verhindern. Plattformen können aber dazu beitragen, dass die Ausfallraten niedriger werden.
Werden Projekte wirklich sorgsam geprüft – oder werden mehr oder weniger alle Kapitalanfragen positiv durchgewunken?
Kirchberg: Wir als transvendo, und da würde ich für viele Plattformen sprechen, versuchen bereits mit Eingang diverser Projektanfragen eine qualitative Selektion vorzunehmen, um Risiken vom Anleger fernzuhalten. Die Frage die wir uns dabei stellen ist: Könnte das Geschäftsmodell auch ohne Crowdfinanzierung überleben? Wenn wir dies vorab für uns mit NEIN beantworten, dann lehnen wir eine solche Anfrage ab. Gerade bei Startup-Finanzierungen wird das Geschäftsmodell sehr stark vom Management geprägt. Hier verschaffen wir uns einen zusätzlichen Eindruck, ob Businessplan und Gründer Erfolg versprechen. Einen guten Geschäftsplan oder PitchDeck können mittlerweile viele junge Unternehmen optisch sehr hochwertig vorlegen. Davon sollte man sich allein nicht beeindrucken lassen.
Ist das Plattformpersonal hinreichend qualifiziert, um potentielle spätere Ausfälle zu erkennen?
Kirchberg: Für uns stand anfänglich die Frage im Raum „selbst zu prüfen“ oder „extern prüfen zu lassen“. Da wir seit einigen Jahren, auch ohne transvendo, diverse Businesspläne im eigenen Team geprüft haben und dazu auch intern über die entsprechenden Qualifikationen zur Beurteilung von Geschäftsmodellen verfügen, kam eine externe kostenpflichtige Vergabe dieser Prüfungen nicht in Frage. Nach dem ersten Eindruck versuchen wir uns in einem zweiten Schritt dem Geschäftsmodell zu nähern und dies besser zu verstehen. Dabei werden zwischen Emittenten und transvendo viele Fragen ausgetauscht. Zusätzlich betreiben wir eigene Recherche, z.B. durch externe Fachleute oder aktive Einbindung der Creditrefom, um die Antworten der Emittenten unabhängiger betrachten zu können. Wir wollen das Geschäftsmodell dahinter lückenlos verstehen. Gelingt uns dies nicht, so lehnen wir die Anfrage ab.
Wie eingehend informieren Sie sich über die Projektinitiatoren, vor allem ihre finanzielle Situation?
Kirchberg: Um einen potentiellen Ausfallkandidaten zu erkennen kann natürlich z.B. die Prüfung der aktuellen Liquiditätssituation hilfreich sein. Kann er nur noch 2 Monate überleben und ist zwingend auf den Fundingerfolg angewiesen so sollte man als Plattform sehr gut überlegen, ob man dieses Projekt wirklich „noch“ unterstützt. Zumal man selbst im Vorfeld nie weiß wie gut das Projekt beim „Schwarm“ ankommt. Die meisten Finanzpläne, junger Unternehmen, verfügen über keinerlei historische Daten, sodass man die geplanten Umsätze, Kosten und Erträge sehr kritisch hinterfragen muss. Gerade hier werden oftmals Zahlen präsentiert die jeglicher Grundlage entbehren und letztendlich beim Unternehmen zu deutlich überhöhten Bewertungen führen. Auch wenn Crowdinvesting-Plattformen „nur“ ein technisches Vehikel zum „Einsammeln von Risikokapital“ sind, so empfinden wir bei transvendo doch eine sehr starke Sorgfaltspflicht gegenüber den Anlegern und werden den Emittenten bei offensichtlichen Fehlplanungen unsere Sichtweise mitteilen oder sogar ganz vom Mandat zurücktreten.
Aber ein Restrisiko bleibt …?
Kirchberg: Trotz aller internen Vorsichtsmaßnahmen kann man nicht jeden Aspekt immer und vollständig erkennen oder die Zukunft bereits heute vollständig richtig vorherbestimmen. Daher werden zukünftige Ausfälle von Unternehmen jederzeit möglich sein. Wir können durch eine „sorgfältige“ Plausibilisierung der eingereichten Emittenten-Unterlagen dafür Sorge tragen, dass die Ausfallraten von Crowdinvesting Projekten so niedrig wie möglich gehalten werden, aber keine Plattform kann in die Zukunft schauen…
Wie kann sich der Anleger gegen Ausfälle crowdfinanzierter Unternehmen absichern?
Kirchberg: Unsere Empfehlung an alle Anleger heißt „Diversifikation“ ihrer Gelder. Mit diesem System der Verteilung von Risiken auf verschiedene Anlageklassen, wie es bei transvendo möglich ist, mindern Anleger ihr Risiko deutlich. Viele Plattformen stellen sich heute als Spezialisten dar. D.h., entweder investiere ich über die einzelne Plattform nur in „Startups“, „Immobilien“ oder „Nachhaltige Projekte“ und muss dann mit einer einzigen Anlageklasse vorlieb nehmen oder ich melde mich auf diversen Plattformen an und hinterlege meine Daten mehrfach. Als Alternative bietet „transvendo & deren Partner“ die Möglichkeit zukünftig alles über eine Plattform zu splitten und sein Geld dadurch besser im Auge im zu behalten.
Wo soll es zukünftig mit transvendo hingehen?
Kirchberg: Wir erkennen natürlich auch wo der Markt derzeit hingeht, nämlich zu Immobilieninvestments. Daher haben wir uns auch entschlossen unseren Anlegern qualitätsorientierte Immobilien über unseren Partner „Zinsland“ anzubieten. Darüberhinaus arbeiten wir als noch “junge“ Plattform ständig am Look & Feel unseres Websiten-Auftritts sowie an der Verbesserung der technischen Workflows, sodass die Anleger so wenig wie möglich Medienbrüche wahrnehmen müssen. Als Fazit möchte ich folgendes festhalten: Was wir als Plattform im Markt spüren ist, dass kleinere Mittelständische Unternehmen bei Crowdinvesting-Projekten so gut wie gar nicht berücksichtigt werden. Das ist für uns ein wenig unverständlich, denn in punkto Sicherheit bieten diese Unternehmen gegenüber z.B. Startups oftmals eine Basis als Investment und können darüberhinaus trotzdem attraktive Zinsmodelle für den Anleger anbieten. Diese Anlageklasse wollen wir in Zukunft noch weiter ausbauen. Wir würden uns wünschen, dass auch die Anleger / Crowd zukünftig diese Anlageklasse KMU stärker unterstützen und weniger dem Hype in Startups verfallen. Dann glauben wir, dass ein etwas breiter diversifiziertes Portfolio stürmische Zeiten besser überstehen kann.
Vielen Dank !